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Besiedlungsgeschichte Neuguineas

Mangels einheitlicher Forschungsergebnisse ist es bis heute nicht möglich, ver-bindliche Aussagen über den historischen Ablauf der Besiedlung Neuguineas (Irian Jaya) zu machen. Sicher ist jedoch, daß aufgrund der natürlichen Beschaffenheit der Insel deren Besiedlung sehr schwierig war. Man geht davon aus, daß Neuguinea in drei Einwanderungsphasen besiedelt wurde.

Von diesen drei Einwanderungsphasen fand nach H. WESEMANN (1985, S. 27 ff) die erste in dem Zeitraum von 30.000 - 10.000 v. Chr. während des Pleistozäns statt. In dieser Zeit sank der Meeresspiegel um 100 - 150 m unter seinen gegenwärtigen Stand, und somit gab es vom heutigen festländischen Südostasien bis nach Australien Landverbindungen, die zwar stellenweise unterbrochen waren, deren Unterbrechungen aber mit kleinen primitiven Booten überquert werden konnten. Ein Teil dieser ersten Einwanderer siedelte sich auf Neuguinea an, während der andere Teil nach Australien weiterwanderte.

Die Einwanderer dieser ersten Phase, sozusagen die Ureinwohner Neuguineas, waren wahrscheinlich Pygmäen (Zwergwüchsige), deren Körpergröße 1,30 m nicht überschritt. Sie waren Wildbeuter, also Jäger und Sammler, die den Ackerbau nicht kannten. Noch heute existiert in Irian Jaya ein Pygmäen-Stamm, dessen Herkunft auf diese erste Besiedlungsphase zurückzuführen ist.

Die zweite Landnahme erfolgte vor ungefähr 5000 Jahren. Diese "voraustronesische" Besiedlung Neuguineas fand bereits mit hochseetüchtigen Schiffen und Booten statt, da der Meeresspiegel zu dieser Zeit wieder angestiegen war. Jene Einwanderer waren technisch schon so weit entwickelt, daß sie Steinwerkzeuge kannten und auch Ackerbau und Viehzucht (Schweinezucht) auf Neuguinea einführten. Die Ansiedlung erfolgte zunächst an den Küsten, wodurch die Ureinwohner der ersten Besiedlungsphase in das Landesinnere abgedrängt wurden. Die Einwanderer der zweiten Phase waren den heutigen Papuas durch ihre dunkle Haut und ihr krauses Kopfhaar ähnlich, so daß diese Siedler von vie-len Wissenschaftlern als die direkten Vorfahren der heutigen Papuas angesehen werden. Der Ausdruck Papua stammt übrigens von dem Portugiesen Jorge de Meneses, der 1526 an der Cendrawasih-Halbinsel an Land ging und die Insel Ilhas dos Papuas (Insel der Kraushaarigen) nannte. Bei der Namensgebung bezog er sich auf das malaiische Wort Papu-wah, was soviel wie krauses Haar bedeutet.

Die dritte Besiedlungsphase fand vor ca 1000 Jahren statt. In diesem Zeitraum kamen Austronesier auf die Insel, die ihren ursprünglichen Lebensraum in Süd-china vor etwa 6000 Jahren verließen und auf den Inseln zwischen dem asiatischen Festland und Australien seßhaft wurden. Die Austronesier, welche eine hellere Hautfarbe aufwiesen, sind bei genauer Betrachtung die Vorfahren der Malaien, Indonesier, Filipinos und Polynesier. Sie können schon als neolithisch eingestuft werden, da ihre Werkzeuge technisch besser entwickelt waren als die der Papuas jener Zeit, die man als mittelsteinzeitlich einzustufen hat. Aufgrund der technischen Überlegenheit der Austronesier wurden die Papuas aus den Küstengebieten in die Tiefländer und Hochgebirge des Landesinneren abgedrängt. Jedoch vermischten sich die Austronesier mit den Papuas in der Küstenzone in starkem Maße, so daß man die heutige Bevölkerung Neuguineas in drei Gruppen einteilen kann:

1. Polynesier, die an den Küsten der Cendrawasih-Halbinsel und auf den Inseln Biak, Yapen und Numfoor leben.

2. Melanesier, die an der Nordküste Irian Jayas und Papua-Neuguineas leben und die die Nachkommen der rassischen Vermischung von Austronesiern mit Papuas sind.

3. Papuas, die im Landesinneren leben und sich in Tiefland-Papuas (auch die südlichen Küstentiefländer einbeziehend) und in Hochland-Papuas (Zentrales Hochgebirge und daran anschließende Fußgebirgszonen) aufteilen.

Bemerkenswert ist die Entwicklung von 250 Sprachen in Irian Jaya, wofür die räumliche gegenseitige Abgeschiedenheit der Stämme verantwortlich ist. So kön-nen sich unmittelbar benachbarte Stämme des Hochlandes sprachlich nicht ver-ständigen. Um diese Verständigungsschwierigkeiten zu umgehen, wird heute in allen Entwicklungseinrichtungen in Irian Jaya die Bahasa Indonesia (Indonesische Sprache) gelehrt und die Angehörigen der mittleren bis jungen Generation können sich meist mit Indonesisch verständigen. Man trifft aber auch heute noch in Gebieten, die erheblich unter westlichem Einfluß stehen (mittleres und südliches Baliem-Tal) auf ältere und teilweise der mittleren Generation angehörenden Hochland-Papuas, die der indonesischen Verkehrssprache nicht mächtig sind.

Ein weiteres wichtiges Ereignis in der Besiedlungsgeschichte Irian Jayas war die Einführung der Süßkartoffel, die den bis zu dieser Zeit bekannten und praktizierten Pflanzenanbau revolutionierte. Nach neuerem Erkenntnisstand wurde der Anbau von Knollenfrüchten bereits vor 5000 Jahren von den Papuas betrieben (vgl. W. A. KREMNITZ 1988, S. 49). Die heutige Theorie geht davon aus, daß die Süßkartoffel (Ipomoea batatas) möglicherweise schon in Teilen der asiatisch-ozeanischen Tropen verbreitet war bevor sie im 14. Jahrhundert in Südamerika erstmals von Europäern entdeckt wurde. Bisher glaubte man, die Süßkartoffel würde ursprünglich aus Südamerika stammen und wäre dann auf ungeklärte Weise nach Neuguinea gelangt. Es steht jedoch fest, daß seit dem Bekanntwerden der Süßkartoffel auf Neuguinea diese Knollenfrucht das Hauptnahrungsmittel aller Papua-Stämme geworden ist. Besonders im Hochland bei Höhenlagen um 2000 m über NN reift sie besonders gut. Dadurch war es den Papuas möglich, die malariaverseuchten Tieflandgebiete zu verlassen, sich in höheren Lagen anzusie-deln und gleichzeitig die viel fruchtbareren Böden des Hochlandes zu nutzen. Sie kannten nun eine Ackerfrucht, die in höheren Lagen am besten anzubauen ist im Gegensatz zu Sago, Yams und Maniok, welche eher in tieferen Lagen gut gedei-hen.

Mit dem Anbau der Süßkartoffel konnte nun eine viel intensivere Landwirtschaft betrieben werden. Durch die Verbesserung der Ernährungslage, verbunden mit gesünderen Lebensbedingungen (geringes Vorkommen von Malaria, kühles tropi-sches Hochlandklima), kam es zu einem Anstieg der Bevölkerungszahl; in man-chen Gegenden des Hochlandes, wie im Baliem-Tal, sogar zu einer relativ hohen Bevölkerungsdichte.

Die Kultivierung des Hochlandes ging jedoch nur sehr mühsam von statten. Es mußte erst der tropische Bergregenwald mit primitiven Werkzeugen gerodet werden. Hinzu kam, daß das steile und zerklüftete Gelände spezielle Maßnahmen notwendig machte um Ackerbau betreiben zu können. Deshalb hielt die Bevölke-rungsentwicklung mit der ökologischen Belastbarkeit jahrtausendelang Schritt, weil bei einem starken Anstieg der Bevölkerung übermäßig viele neuen Flächen gerodet werden müssen damit sich die Ernährungssituation nicht verschlechtert sondern auf einem ausreichenden Level gehalten werden kann. Eine Ausnahme bildet das Baliem-Tal. Dieses Tal hat eine Ausdehnung von ca. 50 km Länge und 15 km Breite (vgl. G. KENNTNER 1981, S. 8) und besteht bis auf wenige Ausnahmen aus einer flachen Talsohle. Die durchschnittliche Breite des Baliem-Flusses wird mit 90 m angegeben (G. KENNTNER 1981. S. 8). Der Baliem und seine Tributäre, die sich ihren Weg aus dem das Tal umgebenden Jayawijaya-Gebirge hierher bahnen, transportieren große Mengen an Schwemmfracht heran, die sie in der Talsohle akkumulieren. Durch diese Ablagerungen werden die Akkerböden der Talsohle fruchtbar und sind für die Landwirtschaft und speziell für den Anbau von Süßkartoffeln gut geeignete Standorte. Aber auch die dem Tal zugewandten Abhänge des Jayawijaya-Gebirges stellen noch relativ fruchtbare Standorte für den Pflanzenanbau dar. Diese naturräumlichen Fakten begünstigen eine im Vergleich zu anderen Hochland-Gebieten starke Zunahme der Bevölkerung.

Entscheidend für die Kultivierung des Hochlandes ist das Vorhandensein von Clanen. Jeder Clan bewirtschaftete ein von ihm beanspruchtes Gebiet und jegliche Ausdehnung auf Gelände außerhalb der Clan-Grenzen konnte einen lang an-dauernden Konflikt mit benachbarten Clanen oder sogar Stämmen zur Folge ha-ben. Der Clan repräsentiert die Gemeinschaft mehrerer Großfamilien, die sich auf einen gemeinsamen fiktiven Ahnen berufen und die in einem kleinen Gebiet nahe beieinander siedeln. Sie stellen somit Lebensgemeinschaften dar, auf denen sich das Wirtschaftssystem und das gesellschaftliche Zusammenleben der Hochland-Bevölkerung aufbaut. Die Bezeichnung "Stamm" ist ein ethnologischer Sammel-begriff für einen Verband von Clanen, die einerseits nah oder fern miteinander verwandt sein können, andererseits aber einer einheitlichen Sprachgemeinschaft angehören müssen. Jedoch gibt es zwischen den Clanen, aus denen ein Stamm besteht, kein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl und häufig trugen die Clane eines Stammes untereinander Kriege aus. Manchmal standen sich sogar Großfamilien, die demselben Clan angehörten, in Fehde gegenüber. Aufgrund dieser gesellschaftlichen Strukturen gab es für die einzelnen Clan-Mitglieder nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Neulandgewinnung.

Bis zur Ankunft der Europäer im Hochland befand sich das Verhältnis von be-wirtschaftbarem Land zur Bevölkerungsdichte in einem ausgeglichenen Zustand. Durch die in den folgenden Kapiteln noch zu besprechenden Systeme gesell-schaftlichen Zusammenlebens, mit ihren Regelhaftigkeiten und Tabu-Vorschriften, wurde der Bevölkerungszuwachs in vernünftige Bahnen gelenkt und in einem für den Naturraum erträglichen Maß gehalten. Das Ökosystem des Baliem-Tales und dessen Seitentäler konnte sich im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte in den brachliegenden Bereichen erholen, so daß nach Ablauf einer gewissen Regenerationsphase wieder frisches, kultivierbares Land vorhanden war. Außerdem erfolgte in den Uferbereichen der Flüsse und Bäche die ständige Zu-lieferung bodenbildenden Materials. Es ist somit festzustellen, daß die Papuas ihre Umgebung nutzten ohne sie irreversibel zu beschädigen.


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